“Dann kann man ja gar keine Komplimente mehr machen!”
Das ist ein Satz, der häufig in Debatten rund um Catcalling und sexuelle Belästigung fällt. Doch dieser Satz entsteht meistens dann, wenn Catcalling als Kompliment missverstanden wird. Es gibt jedoch entscheidende Unterschiede:
Ein Catcall wird meist verwendet, um eine unbekannte Person zu sexualisieren. Im Fokus des Catcalls sind häufig Körperteile, die mit Sex in Verbindung gebracht werden, oder andere sexualisierte Aussagen. Dabei wird die Person ungewollt sexualisiert und in ihrem sexuellen Selbstbestimmungsrecht, Selbstwert- als auch Sicherheitsgefühl verletzt. Der catcallenden Person wiederum dient dieser Vorgang, um das eigene Machtgefühl zu stärken. In der Folge entsteht ein ungleiches Machtverhältnis.
Ein Kompliment hingegen zielt in den meisten Situationen nicht auf bestimmte (sexualisierte) Körperteile ab. Es kann zwar das Aussehen betreffen, eben aber nicht auf sexualisierte Weise – zumindest, wenn die Person nicht bekannt ist und eine solche Ebene nicht von beiden Seiten hergestellt wurde.
Es kann vorkommen, dass man eine Situation ungewollt (!) falsch versteht. Man stelle sich beispielsweise vor, dass man an der Bahnhaltestelle eine Person anspricht und sagt „Du siehst klasse aus, hast du Lust auf einen Kaffee?“ Sollte sich diese Person dann belästigt fühlen, hat noch nicht unbedingt ein Übergriff stattgefunden. Es ist jedoch wichtig, die Grenzen der Person sofort zu akzeptieren. Andernfalls findet eine Grenzverletzung statt und es liegt ein Übergriff vor.
Im Allgemeinen sollte man niemanden ohne Einverständnis sexualisieren. Man kann von einem Einverständnis auch nicht etwa aufgrund der Klamottenwahl der Person oder des Ortes, an dem man sie trifft, ausgehen. Sollte man sich diesbezüglich unsicher sein, hilft eine freundliche Nachfrage. So sind Komplimente möglich, während Catcalling verhindert wird.